Neues Jahr, alte Themen

So, Weihnachtspause vorbei, Silvester und Dinner4One überstanden, der deutsche Schmuddelwinter hat uns wieder.

Aus den Reihen der Politik (vor allem der Union) kommt ja immer wieder die Forderung (ich nenne es mal die Schnapsidee) nach dem digitalen Radiergummi. Abgesehen davon, dass dieser eigentlich der Grundidee des Internets zuwider läuft (Information soll hier ja auffindbar & verknüpfbar sein) hat @fraeulein_tessa im FAZ-Blog noch Gründe genannt, warum die Forderung nach diesem Radiergummi recht einfältig ist. Ihr Fazit lautet:

Ein digitaler Radiergummi als Heilsbringer einer gesunden Gesellschaft zu propagieren, schwächt diese Gesellschaft in ihrem Selbstbewusstsein und der Umsicht ihres Handelns. Das Leben ist keine Blamage, Menschliches nicht peinlich. Die Verantwortung für Worte und Taten löst digitaler Tippex nicht von unseren Schultern.

Wer möchte sich anmaßen, bei der Erstellung eines Werkes, und erscheint es in diesem Augenblick noch so banal, über seine Relevanz für Familie und Freunde, für Forschung, für die Zeit nach einem willkürlichen Verfallsdatum zu entscheiden?

Vielleicht liegt dem Wunsch nach einem digitalen Radiergummi für User aber nicht ihr Schutz vor Hohn, sondern die die dringliche Bitte der Politik zugrunde, ein solches Zaubermittel auch über die Seiten der Geschichtsbücher reiben zu können, um eine Legislaturperiode zu bleichen, den engen Krawattenknoten zu vergessen, um später in der Altersruhe mit Blick auf den See nicht jedes Mal peinlich berührt zu zucken, wenn der eigene Name im Geschichtskanal fällt.

Den ganzen Eintrag könnt ihr im FAZ-Blog nachlesen, Kommentare auch dort.

Michael Seemann (alias mspr0) hat sich in seinem Blog über die aktuelle Datenschutzdiskussion “ausgekotzt” (darf man das so schreiben?). Seine Befürchtung ist: “Das Wort “Datenschützer” beginnt bereits einen piefigen Unterton zu bekommen. Es wäre schade, wenn es zum Schimpfwort wird.” und weiter schreibt er:

Der Staat und andere Institutionen wollen die Kontrolle über die Informationen zurückerlangen. “Datenschutz” solange er sich als Abwehrrecht gegen den Staat versteht, ist nicht nur aber auch deswegen derzeit ein wichtiges Anliegen. Es sollte nicht verspielt werden, nur weil der Datenschutz sich in falschen Feindbildern verrennt und sich unrefektiert und selbstgerecht nur noch auf die Schulter klopft. Es wird Zeit für den Datenschutzdiskurs, sich kritisch mit dem eigenen Sujet auseinander zu setzen, denn wir brauchen ihn aktuell sehr dringend.

Dem ist so nichts mehr hinzuzufügen. Leider scheint eine solche ernsthafte Diskussion für die meisten der heutigen Medien zu komplex zu sein. Da sind die Äußerungen einer Frau Aigner anscheinend medienkompatibler.

Ironie der Geschichte – Neues Mediengesetz in Ungarn

Wir schreiben das Jahr 1989. Überall in Osteuropa waren die Menschen aufgestanden, um endlich ihre Menschenrechte einzufordern, zum Teil unter Einsatz ihres Lebens. Im Mai 89 öffnete Ungarn als erstes osteuropäisches Land den Eisernen Vorhang, der Europa seit dem Ende des 2. Weltkrieges geteilt hatte. Im Herbst ’89 fiel dann endlich die Berliner Mauer. Der Kalte Krieg war vorbei und die Menschen hatten in einer friedlichen Revolutionen ihre Freiheit zurückerlangt, welche ihnen so lange verwehrt worden war.

Im Herbst 2009 feierten wir in Deutschland den 20. Jahrestag dieses Mauerfalls, der mit der Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich eingeleitet worden war.

Heute macht Ungarn wieder Schlagzeilen. Diesmal aber welche, die einen Nachdenklich stimmen. Zum 01.01.2011 soll in Ungarn ein neues Mediengesetz in Kraft treten, das die Freiheit der Medien, welche 1989 so hart erkämpft worden war, de facto wieder abschafft. Europa wacht hier nur langsam auf, sehr langsam. Bis auf EU-Parlamentarier, der Außenminister von Luxemburg (Jean Asselborn: “Verstoß gegen europäische Werte”) und der OSZE (Rechtliche Analyse / Zusammenfassung als pdf) hat sich zuerst kaum jemand zu einer offiziellen Reaktion durchringen können.

Ist uns in Europa die Meinungsfreiheit als Säule der Demokratie so wenig wert?

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet in dem Land, das als Held der Friedlichen Revolution von ’89 gilt, nun an dieser Säule so gesägt wird.

Weitere Informationen finden sich auf dradio sowie auf den Blogs von Metronaut, Kaffee bei mir und netzpolitik.org.
Darüber hinaus gibt es auch eine Initiative auf bloggingportal.eu (European Blog Action against Censorship in Hungary).

JMStV ist tod, vorerst einmal

Anfang Dezember schrieb ich noch, dass ich es für ein Szenario für Optimisten halten würde, wenn der JMStV nicht durch die Länderparlamente kommen würde. Gestern morgen las ich dann auf Netzpolitik.org, dass NRW die aktuelle Novelle ablehnen will. Inzwischen ist das ganze Geschichte geworden, sprich in der heutigen Sitzung hat der Landtag in NRW die Novelle abgelehnt und damit das Thema zu den Akten gelegt, vorerst zumindest. Der Landtag in SH hat den Beschluss sogar komplett von der Tagesordnung genommen, nachdem die Regierungskoalition in NRW eine entsprechende Pressekonferenz gegeben hat. Der AK-Zensur hat in einer Meldung ein paar Stimmen gesammelt.

Es ist mehr als Wahrscheinlich, dass es einen neuen Anlauf geben wird. Das Ziel aus Sicht der Netzpolitik muss klar sein: Die jetzt noch gültigen Regelungen in eine sinnvolle Form zu überführen, sprich eine echte Reform des Jugendschutzes in Deutschland, der den Interessen von Kindern und Jugentlichen gerecht wird und keine Content-Lobby-Interessen bedient.

Auf Netzpolitik hat kontrapunkt folgendes geschrieben:

Doch jetzt kommt der harte Teil: auch der bisherige, in Kraft befindliche Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der weiter gültig bleibt, krankt und hinkt an vielen Ecken und Enden. Bei einer Neuverhandlung sollte die Netzcommunity genau so dicht am Ball bleiben, wie sie das in den vergangenen Wochen war. Es ist einfacher gegen etwas zu informieren und zu intervenieren als für etwas. Wie also sehen die guten Lösungen aus? Die Politik wird nun den Anspruch erheben, dass die Community sich an Lösungsvorschlägen aktiv beteiligen muss. Das Versprechen ist gemacht, jetzt müssen wir alle es auch einlösen. Das wird kein Kinderspiel. Aber wenn wir etwas kippen können, können wir sicher auch an guten Lösungen für dieses schwierige Thema mitarbeiten. Wenn man uns auch mitarbeiten lässt.

Es liegt also noch viel Arbeit vor den Leuten, die sich mit dem Thema befassen und wir dürfen es auch nicht aus dem Blickfeld verlieren, da diejenigen, die sich nun in die Mühlen der Politik stürzen werden (müssen) jede Hilfe und Unterstützung brauchen können.

Die nächste akute Baustelle wird aber die EU sein, sprich Censilla, wo die Entscheidung zu Netzsperren im Februar anstehen wird. Mehr Infos dazu kann man u.a. auf den Seiten von Mogis finden.

Wikileaks heute Thema bei Breitband

Die heutige Sendung von dradio Breitband hat heute als Themenschwerpunkt Wikileaks.

Unter dem Titel Kontrollverlust oder Open Society? – Was kommt nach Wikileaks? behandelt das Team von Breitband nicht nur die aktuellen Meldungen und Veröffentlichungen von und zu Wikileaks sowie die Spekulationen um Julian Assange, sondern versuchen sich auch in einem Blick in die Zukunft. Steuern wir auf eine neue Ära der Demokratie zu oder verursacht der Kampf gegen Wikileaks zu große Schäden an unseren Freiheiten und Bürgerrechten?

Andere Themen der Sendung sind:

Fazit: Sehr empfehlenswert.
Hier der Link zur MP3-Datei

Persönliche Gedanken zum Jugendmedienstaatsvertrag (JMStV)

Das Thema der Woche war die Neuregelung des Jugendschutzes in Deutschland, genauer gesagt der Jugendmedienstaatsvertrag oder kurz JMStV.

In der Bloggospäre wird der JMStV kontrovers diskutiert, vor allem die Frage der Alterseinstufung führt zu Verwirrung.

  • Muss man seinen Blog/Beiträge/Leserkommentare nun einstufen oder nicht?
  • Was passiert, wenn man diese nicht oder falsch einstuft?
  • Sollte man den Blog pauschal FSK18 einstufen oder gar nicht einstufen und abwarten, wie sich die Sache nun in der juristischen Einschätzung hin entwickelt?

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Stell Dir vor, es herrscht Terrorpanik und keiner macht mit…

…daß wäre in der aktuellen Situation mein größter Wunsch. Aber wenn man in die deutsche Medienlandschaft schaut, kommen einem Zweifel. Man könnte meinen, unter unseren Füßen tickten schon die Bomben. Zu allem Überfluss kommen auch wieder diverse Innenpolitiker (egal ob von CDU oder SPD) angelaufen und fordern unisono die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (Uhl, Dieter Wiefelspütz), Einschränkung der Pressefreiheit (Siegfried Kauder (CDU)), Vorbeugehaft für Gefährder und vieles andere mehr.
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Neue Meme braucht das Land…

…wird sich wohl der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Enquete-Kommission Internet & Digitale Gesellschaft Axel E. Fischer gedacht haben, als er in einem Interview ein Vermummungsverbot im Internet forderte (siehe hierzu auch Linus Neumanns Blogpost auf netzpolitik.org)

Axel E. Fischer hat das ganze noch einmal auf seiner Facebook-Seite ausgebreitet:

Wir brauchen ein „Vermummungsverbot im Internet“. Es kann nicht sein, dass sich viele Bürger in Foren oder anderen Einrichtungen des Netzes hinter selbstgewählten Pseudonymen verstecken und sich so vermeintlich jeglicher Verantwortung für Äußerungen und Verhalten entziehen.

Es kommt immer gut, ein solches Statement mit der Phrase „Es kann nicht sein..“ zu beginnen, fällt diese doch in die Kategorie Schwachfugsignalphrase (@sixtus) wie z.B. “man wird ja nochmal sagen dürfen” und andere.

Natürlich soll der neue Perso wunderbar dazu geeignet sein, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden; nur doof, wenn man keinen hat.
Was dann? Darf ich mich dann nicht mehr im Internet äußern? Hmmm….

Weiter schreibt er (Zitat):

Andererseits brauchen wir darüber hinaus die Einführung eines „Radiergummis“ im Internet, mit dem Inhalte nach einer gewissen Zeit gelöscht werden können. Kein Vermummungsverbot ohne Radiergummi, sonst entsteht ein Ungleichgewicht. Wie im täglichen Leben auch, muss jeder prinzipiell die Möglichkeit haben, veröffentlichte Informationen zurück zu holen.

Die tolle Forderungen nach dem Radiergummi im Internet; Liest sich wunderbar, aber ich empfehle Herrn Fischer mal zu dem Thema den Blog von mspr0 (ctrl-verlust) zu lesen. Merke: Informationen im Netz können nicht mehr zurückgeholt werden. Gewisserweise erlebt Herr Fischer in diesem Fall gerade einen Kontrollverlust, denn er hat mit seinen Forderungen ein neues Mem geschaffen. ;)

Dass solche Forderungen, vor allem wenn sie von der CDU kommen, hohe Wellen schlagen ist hinlänglich bekannt. Allerdings stimulieren sie manchmal auch die Kreativität der Internet-Nutzer. So auch in diesem Fall. Alles fing mit einem harmlosen Tweet an und steigerte sich dann zu einer wahren Twitterflut.

Norbert Hense hat sich in seinem Blog mal die Arbeit gemacht, alle Forderungen zu sammeln (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Markus Beckedahl hat sich ein paar Highlight herausgepickt und bei Netzpolitik gepostet. Unter diesen finden sich dann so (IMHO) geniale Dinge wie:

  • Axel E. Fischer, CDU, fordert Tierheime für LOLcats.
  • Axel E. Fischer, CDU, fordert Lebensmittelkontrollen für Cookies.
  • Axel E. Fischer, CDU, fordert Öffnungszeiten für Online-Shops.
  • Axel E. Fischer, CDU, fordert Einsatz von Langzeitarbeitslosen als Webcrawler. (OK, der ist zugegebenermaßen echt böse)
  • Axel E. Fischer, CDU, fordert regionale Sendegebiete für Webradios.
  • Alex E. Fischer fordert das Verbot von Killer-Applikationen.

Es bleibt interessant, wie sich diese Sache weiter entwickelt. Die Kommentare auf Herrn Fischers Post auf FB werden jedenfalls immer länger. Mal schauen, wann er antwortet ;)

Post-Privacy vs. Privatsphäre

Eines der großen Themen im Internet zur Zeit ist der Konflikt zwischen Öffentlichkeit und Privatem und damit verbunden die Auflösung der Grenzen zwischen privat und öffentlich einerseits und dem Zerfall der einzigen – durch Massenmedien geprägten – Öffentlichkeit in viele Teilöffentlichkeiten.

Grundsätzlich finde ich diese Diskussion gut und wichtig. Ich finde sie auch intellektuell interessant und anregend, eben weil diese so kontrovers ist. Was mich persönlich an der Diskussion aber immer wieder stört ist die Art und Weise, wie diese geführt wird. Stellenweise herscht hier die totale Panik, dass sich das Private völlig auflösen könnte und sich in einer Art totale Öffentlichkeit verwandelt; dass wir quasi zu einer Art Borg-Kollektiv werden, in dem unsere Hirne über das Netz verschaltet sind. Continue reading ‘Post-Privacy vs. Privatsphäre’ »

1. November – Na und?

So, heute ist DER Tag! Tag 1 des neuen Personalausweises. Überall hat man darüber gelesen (auch hier) und ich frage mich: Na und?

Ok, das ist meine persönliche Meinung. Immerhin habe ich mir vor 3 Wochen nochmal einen neuens alten Perso besorgt; der alte wäre noch 1 Jahr gültig gewesen. Vor dem Jahr 2020 stellt sich also für mich das Problem mit dem nPA – vulgo ePerso genannt – nicht.

Bis dahin habe ich somit entspannte 10 Jahre Zeit, mir das für und wieder des nPA anzuschauen. Ich bin gespannt, ob der CCC  – oder andere, wobei mir die Jungs vom CCC lieber wären – letztlich zu dem Teil seinen abschließenden Segen gibt oder das Ding in Grund und Boden hackt.

Natürlich ist mir ein relativ sicherer Personalausweis wichtig. Solange aber der ePerso nicht bewiesen hat, dass man ihn auch im Internet sicher nutzen kann und man nicht Unsummen dafür ausgeben muss, z.B. weil die sogenannten Komfortleser endlich erschwinglich geworden sind, sollte der alte und im Grunde bewährte Ausweis seine Dienste tun.

Was sie schon immer über CC wissen wollten

Kann man auf dem Netzpolitik-Podcast Folge 105 nachhören.

Themen des Podcasts sind unter anderem:
Was ist Creative Commons?
Was bringt mir Creative Commons als Blogger?
Wie CC-lizenziere ich mein Blog / meine Inhalte?
Worauf muss ich besonders achten?
Was ist ein kommerzieller Inhalt und was ist nicht-kommerziell?
Was ist mit Youtube-Videos, die ich einbinde?
Kann ich eine Creative Commons Lizenzierung wieder zurücknehmen?
Muss ich meine Inhalte irgendwo registrieren, wenn ich Creative Commons nutze?
Wo kann ich Creative Commons Geld spenden?

Quelle

Der Podcast kann als mp3 oder ogg heruntergeladen werden und steht unter CC-BY (Markus Beckedahl).