Aussen hui, innen pfui – Kurze persönliche Zusammenfassung zur Demo

Eigentlich war ich mir ja unsicher ob ich auf die, gestern von der Piratenpartei organisierte, Demo in Frankfurt gehen sollte. Aber im Hinblick auf die ständigen Wiederholungen der Innenminister, -Senatoren und Innenpolitiker von SPD und CDU nach der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, war es mal wieder nötig ein Zeichen zu setzten.

Als ich also gegen 17:45 am Treffpunkt ankam, stand dort eine kleine Gruppe Demonstranten. Just in dem Moment kam die erste Durchsage der Polizei (an dieser Stelle einmal ein Dank meinerseits für die Begleitung), dass die Kaiserstraße nun wegen einem Demonstrationszug gesperrt sei. Irgendwie hatte dies schon eine gewisse Komik, in Anbetracht der bisher wenigen Teilnehmer. Aber, wie eine Piratin mir sagte: Die meisten würden erst gegen 18.30 einlaufen; akademisches Viertel plus piratiges Viertel oder so. So kam es dann auch.

Was mich persönlich schon erstaunte, war das Presseaufgebot. Es waren Vertreter vom HR-Fernsehen da, einer von HR-Info, Leute der Frankfurter Rundschau, der Frankfurter Neuen Presse und ein Team von RTL.

Der Demo-Zug war an sich eigentlich recht normal und wir sind der geplanten Route gefolgt. Passanten haben die Flugblätter der Demo bekommen (wir hätten wohl auch sogar ein paar der Buttons verteilen können, waren ja noch genug übrig) und lustigerweise haben uns auch einige Touris fotografiert (ob die wussten, was auf den Transparenten stand?). Leider fehlt bei Demos immer etwas die Zeit, um mit Passanten zu sprechen und diese gegeben falls für das Thema zu sensibilisieren. Vielleicht wäre ein europaweiter “Aktionstag der Freiheit” (oder Aktionswoche?) mit Infoständen und Kampagnen der bessere Weg?

Hier meine paar Bilder auf flickr (CC BY):

@musikpirat hat auch noch eine Ladung Bilder online gestellt

[update]Und hier der Bericht auf dem offiziellen Blog[/update]

Persönliches Fazit:

Positiv war, dass wir haben ein Zeichen für Freiheit und gegen Angst gesetzt haben. Wir haben klar gemacht, dass wir die Freiheit erhalten und unsere freiheitliche Gesellschaft schützen wollen, dass wir unsere Grundrechte nicht einfach aufgeben und es uns nicht egal ist, wenn an diesen herum geschnitten wird. Und wir haben dies friedlich und fröhlich getan.

Nicht so gut/Kritik: Wir waren, gemessen an der Bedeutung des Themas, eigentlich zu wenige. Ich denke die PR muss breiter werden und darf nicht nur im Internet verbleiben. Grundrechte gehen alle an und auch wenn zur Zeit andere Themen in Fokus stehen (z.B. Euro und Griechenland), so muss immer wieder betont werden, dass unsere, jedem Menschen per Geburt inne wohnenden Grundrechte die Basis unserer Gesellschaft bilden. Sie müssen wir schützen und verteidigen. Auch wenn die Orga sich die Mühe gegeben hat, die Demo möglichst Neutral zu gestalten, war die Fokussierung auf die Piraten doch etwas stark. Das ist keine Kritik an den Piraten, aber wenn wir den Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung und andere Pseudo-Sicherheits-Gesetze gewinnen wollen, brauchen wir eine Mehrheit in der Bevölkerung. Das schließt auch die Menschen ein, die nicht im Internet sind oder dies nur nutzen, um einzukaufen, Reisen zu buchen oder mal einen Zeitungsartikel zu lesen.

Wir haben also noch einen verdammt langen Weg zu gehen.

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Hier noch eine Liste der Presse-Artikel zur gestrigen Demo und der Innenministerkonferenz:
– Frankfurter Rundschau: Vor der Innenministerkonferenz – Der Römer, eine Trutzburg
– Frankfurter Neue Presse: Friedlicher Piraten-Protest
– FAZ: Protest abseits der Ministerkonferenz
– heise online: EU leitet Vertragsverletzungsverfahren wegen fehlender Vorratsdatenspeicherung ein
– c’t blog: Falk Lüke – Vorratsdatenspeicherung: Foulspiel mit Anlauf
– Bericht des Hessenschau zu Demos anlässlich der Innenministerkonferenz 2011 (youtube)

Podcasts und getriggerte Gedanken

Manchmal wünschte man sich, der Tag könnte 36 Stunden haben, um all die ganzen tollen Podcasts zu hören:

Da wäre als erstes die 25. Folge von Wir müssen Reden (von @mspro und @343max). Thema war unter anderem der aktuelle Status der Netzpolitik und der netzpolitischen Lobby in Deutschland und die Debatte war extrem emotional. Die Einzelheiten muss ich dann mal nach hören, sobald der Podcast online ist (was dauern könnte, denn das Teil hatte massive Überlänge)

Während dieser Diskussion kamen in mir 2 Fragen auf:

  1. Wie machen wir die Netzpolitik zu einem positiven Thema?
    Derzeit scheint die Netzpolitik wohl eher ein Themenfeld zu sein, vor dem die Politik Angst hat (wie auch die Bildungspolitik, siehe gescheiterte Bildungsreform in Hamburg). weil man damit anscheinend verlieren kann. Sprich: Wie wird die Netzpolitik zu einem Thema dem sich Politiker gerne annehmen, weil es als positives Gestaltungsthema verstanden wird?
    Nun, ein Argument wäre: Es ist Neuland. Hier kann Politik noch ihren eigentlichen Auftrag – den der Gestaltung – wahrnehmen. Dafür braucht sie Mut und Phantasie. Es ist ein Politikfeld, in dem sich junge – oder geistig jung gebliebene – Politiker beweisen können.
  2. Wie können wir den Leuten in einer Sprache, die auch normale Menschen verstehen, vermitteln, warum wir gegen die Vorratsdatenspeicherung und Netzsperren sind. Warum kämpfen wir so für ein freies Netz?
    Beispiel Vorratsdatenspeicherung: Hätte es die 68er-Demos gegeben, wenn es damals schon möglich gewesen wäre, alle Kommunikationsverbindungen über 6 Monate zu speichern und auszuwerten?
    Beispiel Netzneutralität: Eine Grundforderung der Netzneutralität ist die freie Konnektivität, sprich ich als Nutzer entscheide mit wem ich auf welche Weise in Kontakt trete. Ich verbinde mich dabei mit anderen direkt. Auf die analoge Welt übertragen wäre ein nicht neutrales Netz so, als ob nur bestimmte Autofahrer – mit bestimmten Marken – die Autobahn benutzen dürfen. Der Rest muss über überfüllte Landstraßen fahren oder extra für die Autobahn zahlen. Oder der Staat bestimmt, welche Straßen ich zu welchem Ziel benutzen darf. Beispiel: Von Frankfurt nach Köln muss ich die A5/A45/A5 benutzen, auf dem Rückweg muss ich dann die A3 fahren.
    Beispiel Netzsperren: Grundsätzlich verletzten Netzsperren das Prinzip der Netzneutralität, weil das Prinzip der freien Konnektivität gebrochen wird. Nun hat, wie unser Grundgesetz postuliert, jede Freiheit ihre Grenzen wenn diese die Freiheit oder Würde anderer verletzt. Auf der anderen Seite geht unser Grundgesetz und unsere Rechtsordnung von einem freien, selbstbestimmten, vernünftigen und aufgeklärten Bürger aus. Dies beinhaltet für mich zumindest auch eine Verantwortung des Individuums als auch der Gesellschaft als ganzes. Wenn wir also die Lösung von Problemen im Internet auf technische und nicht transparente Verfahren abwälzen, drücken wir uns vor unserer Verantwortung. Statt Probleme zu erkennen und zu lösen, schauen wir weg. Dies ist eigentlich ein erbärmliches Verhalten und wird dem Anspruch, den wir an uns stellen, nicht gerecht. 

    Fazit: Wenn mich also jemand fragen würde, warum ich für ein freies, neutrales und offenes Internet kämpfe, so würde ich mit meiner Antwort Konrad Adenauer zitieren: “Wir wählen die Freiheit!“.

Als zweites möchte ich den Online-Talk von Dradio Wissen empfehlen. Thema der Sendung ist Hacktivismus – Zukunft der politischen Aktion.

Die Gruppierungen, die keine Vertreter und Chefs haben, aber in der Öffentlichkeit immer wieder mit wortstarken Statements zur Verkündung und Beschreibung ihrer Aktionen auftreten, scheinen so etwas wie Keimzellen oder erste Ausprägungen ganz neuer Aktionsformen zu sein.

Das ursprüngliche Ziel von Anonymous war der Kampf gegen die Sekte Scientology im Internet und die Verteidigung der Redefreiheit. Die Sekte konnte in der Vergangenheit wiederholt durchsetzen, dass Informationen über sie aus dem Netz entfernt wurden. Anonymous unterminiert die Scientology-Bestrebungen zum Beispiel mithilfe von Verteilten Dienstblockaden (englisch Distributed Denial of Service -DDoS).

In letzter Zeit hat die Aktionsgruppe viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen – zum Beispiel seit den Angriffen auf Kreditkartenunternehmen wegen deren Sperrung von Wikileaks-Accounts oder auch den Hacks von Sony.

[…]

Es diskutieren mit Jürgen Kuri (Twitter: @jkuri), stellv. Chefredakteur der c’t und verantwortlich für heise online, im c’t-Onlinetalk:

Anne Roth (Twitter: @annnalist), Journalistin, Politologin und Bloggerin, die vor allem über Terrorismus-Diskurse, Überwachung, Politik und Medien schreibt.

André Meister (Twitter: @ilf), Sozialwissenschaftler, Mitarbeiter bei netzpolitik.org, Mitglied bei Digitale Gesellschaft, der “kampagnenorientierten Initiative für eine bürgerrechts- und verbraucherfreundliche Netzpolitik”, wie sie sich selbst beschreibt. Nebenbei ist er auch SysAdmin, der selbst schon mit DDoS-Angriffen zu kämpfen hatte.

Jan-Keno Janssen (Twitter: @elektroElvis), Medienwissenschaftler, c’t-Redakteur, der sich intensiv mit Anonymous und ihren Aktionen beschäftigt hat.

Direkter Download als mp3. Anne Roth hat auf ihrem Blog auch das, im Talk angesprochene Video von Anonymous verlinkt.

Empfehlenswert in diesem Zusammenhang ist auch der Beitrag von Gabriella Coleman über Geek Politics and Anonymous auf der Re:publica11.

Als drittes und passend zum Online-Talk beschäftigt sich auch die heutige Sendung von Breitband u.a. mit DDOS (Sitzstreik oder Straftat? Distributed Denial of Service-Attacken im Rampenlicht).

Foto: flickr/Jeremy Brooks

Wer sich öffentlich artikulieren will und Protest ausdrücken möchte, der kann auf die Straße gehen und demonstrieren. Auch ein Sitzstreik, oder Blockaden sind probate Mittel im gewaltfreien Protest – auch wenn sie nicht in jeder Situation als legitim gelten. Aber wie sieht das in der Online-Welt aus? Seit dem Aufkommen der Anonymous-Gruppe häufen sich Netz-Blockaden per DDOS-Attacke. Ist das öffentlicher Protest im Netz oder virtueller Vandalismus? Wie könnte eine Onlinedemonstration aussehen und ist das vorübergehende lahmlegen einer Webseite legitim? Darüber haben wir mit Hal Roberts geredet, der mit seinem Team am renommierten Berkman Center For Internet & Society dieseAngriffe analysiert.

Er vertritt eine ganz andere These als Richard Stallman, Präsident der Free Software Foundation, der ebenfalls zu Wort kommt.

Vorher erklärt aber Michael Gessat, wie diese DDOS-Aktionen überhaupt funktionieren und wie die Gesetzeslage das Lahmlegen von Webseiten per Knopfdruck einordnet.

Vor allem Richard Stallman hat hier eine recht deutliche Meinung. So sagt er zu DDOS im allgemeinen:

“Ich stimme den meisten Aktionen, von denen ich gehört habe, mehr oder weniger zu. Aber man muss sich in jedem Fall anschauen, welches Unrecht die getan haben, gegen die sich die Proteste richten und auf Basis dessen darüber urteilen.

So ist seine Sicht zum Sony-Crack wie folgt:

“Sony hatte zuvor etwas unerhörtes getan. Per Update wollte der Konzern verhindern, dass Nutzer freie Software auf ihre Playstation3 spielen.” Laut Stallman hatte Sony somit Sabotage an den Rechnern ihrer Kunden verübt und sagt: “Das ist etwas, für das ein Sony-Geschäftsführer ins Gefängnis wandern sollte aber unsere Gesetze begünstigen Unternehmen, unsere Regierungen ordnen sich der Wirtschaft unter. Diese Ungerechtigkeit von Sony ist die Wurzel der Situation, die wir jetzt haben. Sie haben einen Computer gebaut, der seinen Nutzern digitale Handschellen anlegt.”

So, bevor das ganze noch mehr Text wird, setzte ich hier erst einmal einen Punkt. Sobald ich die Debatte beim WMR-Podcast nochmal nach gehört habe, ergänze ich den Text ggf. noch einmal.

Aufruf – Demo gegen Terrorgesetze & Vorratsdatenspeicherung

Unter dem Motto “Außen hui, innen pfui” – Terrorgesetze & Vorratsdatenspeicherung rufen der AK Vorrat und andere am 21. Juni um 18.00 zur Demo in Frankfurt am Main auf.

Nach außen gibt die deutsche Regierung vor, sie verteidige die Rechte der Menschen auf freie Meinungsäußerung, auf Demokratie und Gerechtigkeit. Sie verurteilt Menschenrechtsverletzungen in China, Russland und Syrien, aber im eigenen Land herrscht Kontroll- und Überwachungswahn.

Die Gesetzgebung in Deutschland richtet sich zunehmend gegen die eigene Bevölkerung. Überall dort, wo Informationen anfallen, werden diese ohne irgendeinen Verdachtsmoment gesammelt, in undurchsichtigen Datenpools verknüpft und ausgewertet. So ist die Verknüpfung von Geheimdienst und Polizei durch die Umsetzung der sogenannten „Anti-Terror-Datei“, in der Daten beider Behörden vernetzt werden, ein Novum der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Verfassungsgeber der Bundesrepublik Deutschland haben – wohlwissend ihrer geschichtlichen Verantwortung – explizit die strikte Trennung dieser beiden Arten von Staatsschutzbehörden in das Grundgesetz mit aufgenommen.

Dieser unreife Umgang mit Informationen über die Bevölkerung stellt ein zunehmendes Bedrohungs- und Verunsicherungs-Potenzial für uns alle dar. Wir werden mit diffusen Bedrohungsszenarien konfrontiert und dann wird im Namen einer vermeintlichen Sicherheit wird alles Machbare ohne Skrupel umgesetzt, wird jeder Bewohner zur Terrorgefahr, werden wir entmündigt.

Wir wollen diese rückwärtsgewandte Politik nicht mehr, wir sind der Souverän im Staate und nicht eine Herde Schafe, die von einem Rudel Wölfe gehütet werden muss. Wir wollen keine freiheitsraubenden Gesetze mehr, denn wir sind Bürgerinnen und Bürger, die in einer Demokratie leben, die Grundgesetz und Freiheit als höchstes Gut sieht, und ohne Total-Überwachung, Panikmache und Bevormundung auskommt!

Deshalb rufen wir euch auf, mit uns gemeinsam am 21.6.2011 ab 18 Uhr in Frankfurt gegen diese Politik zu demonstrieren.

Ort: Frankfurt am Main

Start: Bahnhofsvorplatz

Datum: 21.6.2011

Uhrzeit: 18Uhr

Der aktuelle Flyer zur Demo: IMK-Flyer-05 (PDF)

Der Demoaufruf auf Facebook: http://www.facebook.com/event.php?eid=115849308503210

Hashtag auf Twitter: #imkffm

Bilder: Schlosspark Bad Homburg

Ich bin heute mit der Photo-Kamera durch die Parkanlagen von Bad Homburg gelaufen und dabei vor allem im Schlosspark unterwegs gewesen. Hier ist ein Teil der Ausbeute (Anmerkung: Die Skulpturen gehören übrigens zu dem Event Blickachsen 8):

Creative Commons LizenzvertragDiese Bilder von Volker Wittmann – volkersworld.de stehen unter einer Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.

Breitband über die Cloud

In der heutigen Sendung von dradio Breitband geht es im Breitband Topic um die Cloud. Dabei wird der Trend zur Cloud durchaus kritisch hinterfragt.

Foto: flickr, CC von Rocío Lara

Die iCloud ist da. Lange erwartet – und doch ganz anders als spekuliert. Die iCloud von Apple ist weder ein Streammusik-Dienst, der iTunes von der Festplatte komplett in das Netz verfrachtet. Noch ist es ein Backup-Dienst, nach dem populären Vorbild Dropbox. Apple-Chef Steve Jobs beschreibt das neue Daten-Prinzip in einem Satz – und verrät darin eine gänzlich neue Computerphilosophie: “Die Wahrheit liegt in der Wolke.” Was das genau bedeutet, erklärt uns Kollege Daniel Fiene.
Die Einrichtung solcher zentralen Wolkenparkplätze wird langfristig Folgen für die Gesamtarchitektur des eigentlich doch mal dezentral funktionierenden Internets haben. Welche Folgen, darüber sprechen wir mit Sebastian Deterding vom Hamburger Hans-Bredow-Institut.
Grafik: flickr, CC BY-NC-SA von Rocío Lara

MP3-Download / Player:

Passend zum Thema befasst sich auch die Netzmusik mit wolkigen Klängen.

Für diejenigen, die den großen Anbietern misstrauen, gibt es mit Ubuntu-One eine relativ freie Cloud-Lösung. Bevor man aber seine Daten auf der Cloud ablegt, sollte man sich mit den Haken und Ösen dieser Lösung befassen. Für alle kritischen Geister sei daher hier noch einmal auf die Folge 153 des ChaosRadio zum Thema “Cloud Computing” verwiesen:

“Cloud Computing” ist seit einiger Zeit der Hype-Begriff in den IT-Abteilungen der Firmen. Aber auch der gemeine User kommt zunehmend mit dem Konzept der verteilten Systeme in Berührung: Das Online-Backup oder Googles Textverarbeitung sind typische Dienste, die unter den Begriff “Cloud” fallen.

Anstelle auf dem lokalen Computer läuft die Software nun “im Netz” und meine Daten liegen irgendwo in der diffusen Internet-Wolke. Der Gedanke daran sollte bei jedem nicht total naiven Nutzer ein natürliches Unbehagen auslösen. Wie sicher sind die Daten dort? Komme ich noch an die Daten ran, wenn der Anbieter pleite geht? Können andere auf die Daten zugreifen?

Für professionelle Nutzern bietet die Cloud enorme Möglichkeiten, Speicher- oder Serverkapazität zu besorgen, wenn man sie braucht. Für die IT-Abteilungen sind Cloud-Services wie digitale Leiharbeiter: Für ein Projekt kann man schnell Speicher- oder Serverkapazität anmieten, ohne gleich neue Hardware kaufen zu müssen. Die meisten Anbieter haben sogar stundenbasierte Tarife für virtuelle Server.

Wie immer im Chaosradio möchten wir die Risiken und Nebenwirkungen dieser Dienste beleuchten und anderseits aus der Praxis hören, wie sich die neuen Cloud-Dienste für junge Unternehmen eigenen, die sich keinen eigenen Server-Fuhrpark in den Keller stellen möchten.

Der ARTE-Themenabend zu Hackern und Cyberwar

Ich habe mir gestern die Beiträge des Arte-Themenabends zu Gemüte geführt. Am Ende des Abends hatte ich dann nur noch dieses Bild im Kopf, weil vor allem die erste Dokumentation (Vom Digitalangriff zum Cyberkrieg?) völliger Irrsinn war:

I hacked the web

I hacked the web - Weil Hacker ja immer was hacken müssen (Bild: CC BY-SA volkersworld.de)

Gut, wem klar ist, dass das Internet als offenes Netzwerk immer unsicher ist, den überrascht das ganze irgendwie nicht wirklich. Dass Infrastrukturen, die am Internet hängen und über das Netz gewartet und überwacht werden (Strom- & Wasserversorgung, Aufzüge, etc.) dann für Angriffe verwundbar sind, ist auch logisch. Stellt sich die gute Frage: Warum zum Geier hängt man wichtige Infrastruktur an ein unsicheres, weil offenes Netzwerk?

Die Kostenersparnis ist wohl der Hauptgrund. Es ist billiger mit einer Hand voll Operatoren so etwas von einer zentralen Stelle aus zu überwachen statt über das Versorgungsgebiet Techniker zu verteilen, die die Wartung und Überwachung dann vor Ort machen. Wo die gesparten Kosten dann hin geflossen sind, ist wohl ein Geheimnis. In Anbetracht der Aufregung möglicherweise nicht in die Sicherheit? Hmmm, lassen wir uns überraschen. Jedenfalls wäre dies wohl das spannendere Thema für die Dokumentation gewesen, aber damit kann man wohl nicht so viel Pseudoskandalklima erzeugen.

Wenigstens die 2. Dokumentation war ok – oder kam mir das nur so vor, weil die mal den CCC erwähnt haben?
Die Diskussion habe ich mir dann nicht mehr angetan. Irgendwie fand ich die komisch.

Schade, wieder eine Chance vertan. Das beste, was im TV zum Thema Hacker bis jetzt gelaufen ist, war der Beitrag von 3sat zum CCC (Die Akte CCC).

UN-Sonderbeauftragte für Meinungsfreiheit zu Netzsperren, 3-Strikes und ACTA

In seinem aktuellen Report […] on the promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression hat der UN-Sonderberichterstatter zum Schutz der Meinungsfreiheit, Frank La Rue, zu Themen wie Netzsperren, 3-Strikes oder ACTA klar Stellung genommen.

So schreibt er in seiner Zusammenfassung:

More specifically, chapter IV outlines some of the ways in which States are increasingly censoring information online, namely through: arbitrary blocking or filtering of content; criminalization of legitimate expression; imposition of intermediary liability; disconnecting users from Internet access, including on the basis of intellectual property rights law; cyberattacks; and inadequate protection of the right to privacy and data protection.

In Kapitel 4 führt er dies weiter aus. Zu den Themen 3-Strikes, Netzsperren und ACTA schreibt er:

49. While blocking and filtering measures deny access to certain content on the Internet, States have also taken measures to cut off access to the Internet entirely. The Special Rapporteur is deeply concerned by discussions regarding a centralized “on/off” control over Internet traffic. In addition, he is alarmed by proposals to disconnect users from Internet access if they violate intellectual property rights. This also includes legislation based on the concept of “graduated response”, which imposes a series of penalties on copyright infringers that could lead to suspension of Internet service, such as the so-called “threestrikes-law” in France and the Digital Economy Act 2010 of the United Kingdom.

50. Beyond the national level, the Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) has been proposed as a multilateral agreement to establish international standards on intellectual property rights enforcement. While the provisions to disconnect individuals from Internet access for violating the treaty have been removed from the final text of December 2010, the Special Rapporteur remains watchful about the treaty’s eventual implications for intermediary liability and the right to freedom of expression.

Nun, der UN-Sonderberichterstatter spricht solche Warnungen nicht einfach grundlos aus. Der Artikel 19 der ICCPR (International Covenant on Civil and Political Rights) ist recht eindeutig:

Article 19
1. Everyone shall have the right to hold opinions without interference.
2. Everyone shall have the right to freedom of expression; this right shall include freedom to seek, receive and impart information and ideas of all kinds, regardless of frontiers, either orally, in writing or in print, in the form of art, or through any other media of his choice.
3. The exercise of the rights provided for in paragraph 2 of this article carries with it special duties and responsibilities. It may therefore be subject to certain restrictions, but these shall only be such as are provided by law and are necessary:
(a) For respect of the rights or reputations of others;
(b) For the protection of national security or of public order (ordre public), or of public health or morals.

Die wichtigen Punkte habe ich mal hervorgehoben. Kurz gesagt: Der Staat hat nicht das Recht mir vorzuschreiben, auf welchem Wege ich Informationen suche, empfange und weitergebe. Diese Entscheidung steht nur mir zu.
Auf Deutschland gemünzt heißt das: Gemäß unserem Grundgesetz (die Meinungs- und Informationensfreiheit ist in Artikel 5 geschützt) kann zwar in diese Freiheiten eingegriffen werden (z.B. wenn die Menschenwürde oder das Recht auf Leben anderer angegriffen wird), aber das Sperren des Internet-Anschlusses verstößt gegen das Übermaßverbot. Die Ahndung der Urheberrechtsverletzung kann auch durch schwächere Maßnahmen erfolgen. Der Weg über die Provider ist ebenfalls nicht möglich, weil Eingriffe in Grundrechte nur per Gesetz (vgl. Art 19 GG) durch den Staat selbst erfolgen dürfen.

(P.S.: Wir sprechen hier von individuellem Kleinkram, nicht von Verstößen in großen Maßstab.)
(P.P.S.: Netzpolitik.org hat schon vor 2 Wochen auf den Bericht hingewiesen, Linus hat es dann noch einmal aufgefrischt)

Andere Quellen:
International Covenant on Civil and Political Rights
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland – Grundrechte (ja, man kann es nicht oft genug in Erinnerung rufen)

Querbeet durchs Web…

Irgendwie hat sich in den letzten Tagen wieder einiges an Zeug angesammelt, darum hier einmal eine kurze Zusammenfassung aus meiner subjektiven Sicht:

Thema “Innere Sicherheit”:

Hier hat sich die letzten Tage einiges getan. Zuerst einmal gab es im Rahmen der Campact!-Kampagne gegen die Vorratsdatenspeicherung am 27.05. die Übergabe der 55.000 Unterschriften an unseren Bundesinnenminister (oder zumindest den Versuch einer Übergabe). Aber anscheinend hatte der gute Mann kein Interesse für die Belange der Bürger, die er zu schützen vorgibt. Mehr auf der Kampagnen-Seite von Campact!

Mit unserem Bundesinnenminister geht es auch gleich weiter (der gute Mann ist echt umtriebig, muss ich sagen). Also zuerst hat sich Richard Gutjahr auf seinem Blog mit den Anti-Terror-Gesetzen beschäftigt (G! – gutjahr’s blog – Die Anti-Terror-Lüge). Anlass war eine Podiums-Diskussion des Bayreuther Arbeitskreises für Informationstechnologie, Neue Medien und Recht (AKIT), die Gutjahr am vergangenen Donnerstag moderierte. Empfehlenswert.

Da alle guten Dinge bekanntlich immer 3 sind, hat Ralf Bendrath auf Netzpolitik.org sich nochmal mit dem Amok-Modus unseres Bundesfriedrichs auseinander. Zur Erinnerung: Der Bundesfriedrich hat die FDP auf Grund ihrer Weigerung, die Anti-Terror-Gesetze (siehe Gutjahr’s Blog-Artikel) von 2001 pauschal zu verlängern, als “linksliberale Fundamentalisten” bezeichnet. Also wenn ich in der FDP wäre, würde ich das schon fast als Kompliment werten. Persönlich erinnert mich unser Innenminister immer mehr an Gollum und seinen Schaaaatzzzz.

Thema “Netzpolitik”:

Hier möchte ich zuerst noch einmal auf den DRadio Wissen – Online-Talk vom 08.05.2011 verweisen. Unter dem Titel NETZ.REPORTER XL Bürgerbewegung digital diskutieren Linus Neumann, Digitale Gesellschaft, Frank Rieger, Chaos Computer Club, und Ole Reißmann, Netzweltredakteur bei Spiegel Online (zugeschaltet per Telefon) über Sinn und Unsinn einer neuen Organisation und digitalen Bürgerbewegungen. Die Moderation hatte Vera Linß.

Ach ja, da gab es ja noch dieses ominöse e-G8-Forum. Nun hier ist die offizielle Presse-Erklärung zu der tollen Veranstaltung. Das hat 2 Tage intensivster Diskussion gebraucht. Schon klar. Amüsant ist folgender Passus aus der Presseerklärung (Hervorhebungen von mir)

On Thursday May 26th, this ambitious process culminated in a one-hour meeting in Deauville
between the G8 leaders and a delegation from the e-G8 Forum. The delegation was led by
Maurice Lévy, the Chairman and CEO of Publicis Groupe and Chairman of the e-G8, and
comprised Hiroshi Mikitani, CEO of Rakuten; Yuri Milner, CEO of Digital Sky Technologies;
Stéphane Richard, CEO of France Telecom-Orange; Eric Schmidt, Executive Chairman of
Google; and Mark Zuckerberg, founder and CEO of Facebook.

Wer fehlt? Richtig: Die Nutzer, sprich unsere Interessen. Jucken ja nicht. Wir sollen ja nur Zahlen. Auch folgende Aussage von Maurice Lévy (Chairman of the e-G8) zeugt schon von massivem Realitätsverlust:

“Those who feared that this first e-G8 had been organized exclusively
in order to regulate or restrict the Net have been disproven. Our debates have been open,
rich and constructive. Given this success, I think I can say that there will be a second e-G8.”

Ich lasse diesen Text einfach einmal wirken. Aber bitte: Keine Verzweiflungstaten oder ähnliches.

In der ganzen Presseerklärung wird kein Wort über die Kommentare von Jérémie Zimmermann (La Quadrature du Net), Jeff Jarvis (Professor in Journalism at City University New York), Lawrence Lessig (Professor at HArvard Law School, founder of Creative Commons) oder John Perry Barlow (EFF) verloren, was ich sehr bezeichnend finde.

Thema “Netzmusik”:

Nach so viel schwerer Kost zum Abschluss noch was musisches; 23Seconds hat 2 neue Releases am Start, die ich persönlich sehr gut finde.

Das erste ist eine ältere EP von Emerald Park namens “Slow 2004 – 2005” und enthält 4 klasse Tracks.
Die Titel stehen unter CC BY-NC-ND 3.0 und können auf der Seite von 23Seconds heruntergeladen werden.

Artist: Emerald Park
Title: Slow 2004 – 2005
Cat: [sec.060]
Genre: Indie
Country: Sweden
Release date: 2011-05-10

 

Das zweite Album namens “Eye See You Too (Remixes & Forbidden Fruit)” ist ein Remix-Album des englischen Duos Tracing Arcs (Fran Kapelle (vocal/lyrics) und Paul H. Addie (keyboards/ programming/biscuit tin lids)). 23Seconds schreibt über das Album:

This is a journey through the world of chilled-out drum´n´bass, trip hop and dubby beautiful unsearched landscapes of the fascinating voice of Fran Kapelle.

Artist: Tracing Arcs
Title: Eye See You Too (Remixes & Forbidden Fruit)
Cat: [sec.061]
Genre: Trip-hop / Electronica / Drum and bass
Country: UK
Release date: 2011-05-25
Die Titel stehen unter CC BY-NC-SA 3.0 und können auf der Seite von 23Seconds heruntergeladen werden.

So genug Text für heute. Morgen ist auch noch ein Tag ;)

 

 

 

NDR-Extra3 exklusiv von der CDU-Medianight

Das Team von Extra3 hat auf dieser spannenden CDU-Veranstaltung den Politikern spannende Fragen zum Internet und den neuen Medien gestellt, u.a. was tun, wenn das Internet voll ist. Die Antwort ist, sagen wir mal, originell:

Das sieht dann so aus:

E-G8 und das “zivilisierte” Internet…

Nun haben also die Regierungen und Konzerne der Welt über das Internet zu Gericht gesessen und ihr Urteil gefällt. Ein Urteil, das von Unverständnis geprägt ist. Die Regierungen und Konzerne verstehen mit ihrem begrenzten Horizont nicht, wie das Internet überhaupt funktionieren kann. Sie verstehen nicht, wieso Menschen, die sich nicht einmal kennen, freiwillig und unentgeltlich zusammenarbeiten können um Tag um Tag dieses Netz weiterzubauen.

Getragen von diesem Unverständnis wollen sie nun das Internet zivilisieren. Es ist der gleiche alte Irrglaube, die eigene Lebensweise, die eigene Sicht der Dinge, wäre die einzig richtige. Es wäre die einzig wahre Art zu leben und zu wirtschaften.

Ihr Mächtigen der Welt: Ihr seid so auf dem Holzweg.

Das Internet ist nicht so, wie ihr glaubt dass es sein müsste. Es ist ein Kontinent im Werden, eine kontinuierliche Schöpfung. Unsere Schöpfung! Getragen von unseren Gedanken, unseren Träumen, unseren Hoffnungen und unseren Visionen und nur begrenzt von unserer Phantasie. Jedes Video, jedes Bild, jeder Text, jeder Hyperlink und jede Idee weben dieses Netz weiter.

Ihr glaubt, wir würden Kreativität nicht schätzen und schützen? Kreativität ist der Äther, die Essenz des Netzes und sie ist sein Treibstoff. Aber wir schützen diese auf unsere Weise. Nicht mit Geld oder Macht, sondern mit Respekt und Anerkennung.

Solange ihr diese Dinge nicht versteht, solange ihr nicht wieder lernt zu Träumen und euren Geist treiben zu lassen, solange ihr nicht wieder an das Gute im Menschen glaubt, solange werdet Ihr scheitern das Internet zu verstehen. Solange werdet ihr nicht Teil unseres Netzes sein können. Nicht wir verwehren Euch den Zutritt zu diesem Ort. Nein, ihr seid es selbst.

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andere Links/Pressestimmen zum Thema:
Netzpolitik.org: Pressespiegel: G8 & e-G8
ONWI: Netzpolitische Karte Europas
laquadrature.net: “eG8 forum”: Governments and Corporations United to Control the Net
heise.de: Nachricht an die G8: Netzregulierung eher unerwünscht